Die Geschichte der Bregenzerwälder Bauernrepublik

Die Bregenzerwälder gelten als selbstbewusst und eigenwillig, das kommt von ihrer Geschichte.

Das einstmals gänzlich von Wald bedeckte Tal zwischen Bodensee und Arlberg gehörte den Grafen von Bregenz, die viele Rechte an Klöster und den niederen Adelabtraten. Von Bregenz aus wurde der "Wald" um das Jahr 1000 besiedelt.

Die Bauern des Bregenzerwaldes entwickelten schon früh ein starkes Zusammengehörigkeitsgefühl.
Die politische Struktur Vorarlbergs - nach 1380 ein Habsburger Land mit weitgehend Volksrecht - ließ es zu, dass sich die Bauernrepublik Bregenzerwald bilden konnte.
Mit eigener freier Landgemeinde, eigener Verfassung (Landsbrauch) und Gerichtsbarkeit.

Auf dem Weg von Andelsbuch nach Bezau über den 800 m hohen Passübergang "Bezegg", der geografischen Mitte des Bregenzerwaldes, stand das Rathaus der Wälder Bauernrepublik wo der frei gewählte Landammann und erweiterte Rat durch Jahrhunderte Angelegenheiten der Gemeinden nach altem Landsbrauch beraten, beschlossen und verwaltet haben. Der erweiterte Rat vom Landammann mit Landschreiber und Landweibel setzte sich aus 74 Personen zusammen.

Das Rathaus war ein auf vier stockwerkhohen steinernen Pfeilern ruhender Holzbau, der nach allen vier Seiten große Ladenöffnungen hatte. Das Gebäude war von unten durch eine im Boden befindliche Falltür über eine Leiter zugänglich. Die Leiter wurde nach der Versammlung der Räte entfernt und erst wieder angelegt, nachdem ein Beratungsergebnis erzielt wurde. Die Entfernung der Leiter hatte wohl den Zweck, eine Beeinflussung von außen zu unterbinden, ursprünglich wohl auch, um in vernünftiger Zeit ein einstimmiges Beratungsergebnis zu erzielen.

In diesem Rathaus, das also das Parlament der Bauernrepublik war, wurde der Landsbrauch beschlossen, erneuert oder abgetan. War jemand zu Tode verurteilt, so konnte er nur noch an den Kaiser appellieren. In der Gemeinde Egg gab es ein Hochgericht, Gefängnis und Richtstätte (Galgenbühel).

Wann das Rathaus errichtet wurde, ist nicht überliefert. Es ist anzunehmen, dass ein solcher Holzbau im Laufe der Geschichte öfters erneuert werden musste.

An oberster Spitze der Wälderrepublik stand der Landammann. Auf Vorschlag des Landammannes und der Räte wurde auch ein Landschreiber und ein Landwaibel bestellt. So war eine vorbildliche bäuerliche Selbstversorgung gegeben.

Der Landammann wurde in freier Wahl bestellt. Der Platz zur Landammannwahl war die "Wahlwiese" südlich der St. Antonius Kapelle in Andelsbuch.

Die erste urkundlich erwähnte Sitzung auf der Bezegg scheint 1522 auf. Die Aufhebung der alten Wälderfreiheiten ging mit Beginn des 19. Jahrhunderts unter den Reformen des Habsburgers Joseph II zu Ende. 1807 wurde das Rathaus im Zuge der bayerischen Gerichts- und Verwaltungsreform abgerissen.

Am 20. August 1871 wurde zur Erinnerung an das Rathaus die sogenannte Bezegg-Sul, eine vom Wiener Dombaumeister Friedrich Schmidt geschaffene neugotische Gedenksäule, errichtet. Die Bezegg-Sul befindet sich in einer Waldlichtung knapp vor der Passhöhe.

Das sogenannte Rathaus auf der Bezegg war schon Gegenstand unzähliger Debatten. Immer wieder versuchen sich Historiker, Volkskundler und Hobbyarchäologen mit mehr oder weniger großem Erfolg an diesem Thema. Im Jahr 1807 wurde das „hölzerne Rathaus“ abgebrochen. Wise Waldner lieferte uns hierzu Skizzen sowie ein Gemälde. Die Information über das Aussehen dieses Gebäudes hatte Wise von Schulleiter Rüscher, welcher das Rathaus an die Tafel gezeichnet hatte. Rüscher wiederum berief sich auf seinen Großvater, der das Rathaus auf der Bezegg noch mit eigenen Augen gesehen hatte. Franz Josef Rüscher war von 1907 – 1923 Schulleiterin Egg. „Wises Rathaus“ ist als Längsbaukörper mit Satteldach ausgeführt, der einen kleinen Anbau mit heruntergezogenem Dach aufweist und auf acht hölzernen Stützpfeilern steht. Dieser Anbau nimmt auch die Luke für den über eine Leiterorganisierten Zugang auf. In den letzten Jahrzehnten wird allerdings das Modell des Rathauses, welches anlässlich einer im Jahr 1930 in Andelsbuch stattgefundenen Handwerkerausstellung angefertigt wurde, als Sinnbild dieser Selbstverwaltung verwendet (quadratischer Grundriss, allseitiger Laubengang, Zeltdach). Die erforderliche Gebäudegröße für 74 Personen scheint in der Darstellung von Wise eher Platz zu finden als im Andelsbucher Modell. Die Erforschung des Rathauses auf der Bezegg stellt nach wie vor ein wissenschaftliches Desideratum dar.

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